Es geht um Scrum in diesem Gastartikel von Patrick Koglin von agileKogLean. Vielen Dank dafür Patrick.
Die Verbreitung von Scrum nimmt seinen Lauf. Was bei Software-Entwicklungsteams inzwischen fast zum Status quo erhoben wird, kehrt jetzt auch in anderen Branchen ein. Warum?
In riskanten Projekten in denen langfristige Planung fehlschlägt, können die Vorhaben mit agilem Vorgehen erfolgreich gelöst werden. Das gelingt durch schrittweises Vorgehen und das Einbinden aller Beteiligten. Selbst wenn der Kunde vorzeitig das Gesamtprojekt beendet, schaffen Teillieferungen einen Mehrwert am Markt.
Doch was sind die wesentlichen Unterschiede zum klassischen Projektmanagement und welche Rolle spielen Projektmanager_innen in der Zukunft?
Projekte ohne Projektmanager, ohne Projektleiter und natürlich ohne Projekte
Als sich Jeff Sutherland 1993 umsah, wie die Arbeit im Team verbessert werden kann, war sein erster Ansatz, die Position des Projektleiters aufzulösen. Darauf wird in Scrum-Teams vollständig verzichtet. Sie ist in diesem Kontext überflüssig, wenn nicht sogar hinderlich.
Stattdessen kam damals die zentrale Rolle eines Moderators zum Einsatz. Heute würden wir sagen: der Scrum Master. Er ist im Scrum-Kontext derjenige, der den Prozess im Auge behält: Bleibt die Qualität stabil? Liefert das Team ausreichenden Geschäftswert oder stehen dem Team Hindernisse im Weg?
Aufgaben werden dabei in kurzen Iterationen geplant, geschätzt und gemeinsam vom Team erledigt. Scrum reagiert damit auf die ständige Dynamik, die bei riskanten Vorhaben besteht. Statt sich mit Plänen, Meilensteinen und Budgets zu befassen, verantwortet das Team gemeinschaftlich den Produktions-Ablauf. Warum?
- Anforderungen sind nie vollständig verstanden, bevor ein Projekt beginnt
- Anwender wissen oft erst dann, was sie tatsächlich brauchen, wenn sie eine erste Version der Software gesehen haben
- Anforderungen ändern sich häufig während der Zusammenarbeit
- wechselnde Möglichkeiten machen die Umsetzung von langfristigen Strategien unmöglich
Auflösen von sequentiellem Vorgehen
Aufgrund der häufigen Änderungen wird auf alles verzichtet, was vermeidbare Arbeit macht, also keinen Wert liefert: Pflichten- und Lastenhefte, Kostenplanung, Terminplanung, Ressourcenplanung, Netzpläne, Reporting und vor allem die Definition nach dem magischen Dreieck: Zeit, Kosten und Umfang.
Warum? Eine strategische Planung von Projekten steigert nicht deren Erfolg. Es ist nicht möglich, sich auf unklare Aspekte der Zukunft vorzubereiten. Darüber hinaus stimmen erstellte Kosten- und Zeitschätzungen in den seltensten Fällen.
Schlüsselfertig bauen mit Scrum
Betrachten wir den schrittweisen Bau eines Mehretagen-Hauses. Die Planung mit einem Architekten definiert üblicherweise alle Parameter im Vorfeld. Es bleibt wenig Flexibilität, um bei der Bauphase spontane Änderungen zu integrieren. Doch einiges fällt erst zu diesem Zeitpunkt auf.
Im Gegenteil dazu steht der vollständige Verzicht auf Planung. Das würde allerdings dazu führen, dass ein Großteil des Geldes in die ersten Bauphasen einfließt. Man könnte beispielsweise ein sehr großes Haus bauen und erst bei der Inneneinrichtung erkennen, dass sich das Budget dem Ende nähert und schließlich nicht mehr für die Fassade ausreicht.
»Bezugsfähige« Produktinkremente als Planungs-Kompromiss
Scrum begegnet diesem Dilemma mit abgeschlossenen Teillieferungen. Nach einer Zeitspanne von 2-4 Wochen werden geplante Aufgaben durchgeführt und dem Kunden gezeigt. Übertragen auf die Hausbau-Metapher wird somit das erste Geschoss bezugsfertig geplant, gebaut und eingerichtet.
Dadurch wird ein Stockwerk begehbar, Hindernisse und Aufwände werden auf diese Weise früh transparent. Das liefert Erkenntnisse darüber, wie die nächsten Geschosse gefertigt und eingerichtet werden können.
Aus einem sequentiellen Vorgehen, bei dem jedes Gewerk (Maurer, Elektrik und Co.) einzeln seine Arbeit verrichtet, wird ein gemeinschaftliches Projekt, das kontinuierlich aus neuen Daten lernt. Das folgt dem PDCA-Zyklus von Deming und Shewhart. Letzteres war beispielsweise fundamental für den Erfolg von Toyota.
Und der Projektleiter?
Er kann sich endlich auf seine Kernkompetenzen und den Kundenkontakt konzentrieren. Ihm bleibt die Chance, als Product Owner die Schlüsselposition zwischen Kunde und Team zu übernehmen. Alternativ kann er sich als »Wächter des Prozesses«, sozusagen als dienender Führer, für die Einführung von Scrum entscheiden. Oder aber ganz anders: Er agiert als Teammitglied und arbeitet an der Gestaltung des Produktes.
Üblicherweise hängt mit diesem Schritt ein persönlicher Prozess zusammen, der mit einem Einstiegstraining und einer Scrum-Umstellung sehr schnell durchgeführt werden kann.
Zusammenfassung
Sie nehmen aus diesem Artikel hoffentlich einen ersten Eindruck vom veränderten Vorgehen mit, das üblicherweise mit Scrum einzieht. Das betrifft vor allem die Herangehensweise, wie Aufgaben organisiert und umgesetzt werden. Das Team agiert und verantwortet die Arbeit gemeinschaftlich und es verbessert sich kontinuierlich.
Falls Sie an einem Training dazu interessiert sind oder nähere Informationen lesen möchten, können Sie sich unter www.kogLean.de reinklicken.
Viel Spaß beim Lesen des Artikels!
Wünschen Patrick Koglin und Annette Berger
Werkzeuge für Projektmanager finden Sie auch hier:
Noch mehr Werkzeuge für Projektmanager – Teil 1
Noch mehr Werkzeuge für Projektmanager – Teil 2 – Das Gedächtnis des Projektes
Projektcoaching – das ist die Werkzeugkiste für Projektmanager